Dichter am "Jetzt" kann man nicht sein

Griechischklassen und -kurse des Ernestinum besuchen "Antigone" im Deutschen Schauspielhaus Hamburg


Sein Leben geben für die eigenen Überzeugungen oder sich der Macht des Faktischen beugen? Aber auch: zu hinterfragen die eigenen Gewissheiten, das Richtige zu tun und das Falsche abzulehnen.  Zu wägen das Gewicht des Selbst, des Individuums im Vergleich zur Gruppe, zur Gesellschaft. 

Vor zweieinhalb JahrTAUSENDEN waren diese Fragen so aktuell wie heute, und der altgriechische Dramatiker Sophokles wirft sie auf in seinem Drama „Antigone“ – nicht als Kommentar speziell zu unserer Zeit und unseren Krisen: zum Krieg in der Ukraine, zum Machthaber Putin und der russischen Opposition, zur Erosion gesellschaftlicher Standards auch in westlichen Demokratien, der Wahl in den USA, zu den Krisen und dem Krieg in Nahost. 


Sondern als universelle Analyse des Menschlichen, des Menschen selbst: Vieles ist ungeheuer, aber nichts so ungeheuerlich wie der Mensch. 

An Antigones Schicksal blättert sich diese Erkenntnis Schicht für Schicht aus den (eigenen) Gewissheiten auf – durch ihre Universalität lässt sie sich von uns Heutigen dann auch auf unsere Welt beziehen.

Bild: Schauspiel Hamburg


Inszeniert am Deutschen Schauspielhaus Hamburg als Schlussstein einer antiken Pentalogie wurde dies in beklemmenden Bildern geleistet, mit über 50 Schülerinen und Schülern aus unseren Altgirechischklassen und -kursen konnten wir teilhaben an diesem Diskurs über Jahrtausende – und dass für unsere Schülerinnen und Schüler (angefangen mit den Jahrgängen 8 und 9 (!) bis hin zu unseren diesjährigen Abiturienten) dieses bundesweite intellektuelle Theater-Highlight nicht müdes Augenrollen, sondern engagierte und leidenschaftliche Anschlussdiskussionen auf der Rückreise im Bus und noch bis in die Nacht hinein zur Folge hatte, spricht einmal mehr für die Bedeutung der „alten“ Sprachen, nämlich als Schule des (Nach-) Denkens, über die Themen von heute.